Sabine Leidig
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Redetext

Helfen statt schießen! Es geht um unsere Menschlichkeit
6. März 2020

An der EU-Grenze spielt sich eine humanitäre Krise ab: Erdogan setzt um, womit er schon seit längerem droht und öffnet die Grenze zu Europa. Nun warten an der Grenze zu Griechenland Tausende Geflüchtete in großer Not und Kälte auf Hilfe. Die EU hält die Tore geschlossen und schießt mit Tränengas auch gegen Kinder und Babys.

Dabei könnten wir schnell helfen: 138 deutsche Länder, Städte und Gemeinden haben sich als Sicherer Hafen eingetragen und sind bereit, Geflüchtete aufzunehmen. Die Bundesregierung muss dieses Angebot endlich anzunehmen. Innenminister Seehofer darf seine menschenverachtende Blockade nicht länger aufrecht halten.
Viele Städte und Gemeinden haben im Herbst 2015 gezeigt, dass derartige Notsituationen zu bewältigen sind. Nach Notunterkünften kamen feste Gebäude, Umbauten und Umstrukturierungen, mit denen man Tausenden von Geflüchteten ein halbwegs erträgliches Leben ermöglichen konnte. Mittlerweile stehen damals geschaffene Notunterkünfte meist leer. Sozialverbände zahlen für Gebäude Mieten, die immer weniger ausgelastet sind.
Wer nicht länger zusehen will, wie grundlegendste Menschenrechte von EU und Bundesregierung mit Füßen getreten werden, muss jetzt laut werden: Weg mit der Politik der Abschottung, für eine offene und solidarische Gesellschaft, in der Mitgefühl noch etwas wert ist.
Und: der Pakt mit Erdoğan muss enden. Die EU-Mitgliedstaaten haben sich mit dieser Abwehr von Flüchtlingen aus der menschenrechtlichen Verantwortung verabschiedet. Und zwar ohne Zustimmung des Parlaments. Wir haben nach wie vor kein neues Asylsystem in der EU, ja nicht einmal die Situation auf den griechischen Inseln wurde wirklich ernst genommen.
Das Europaparlament hat bereits im Jahr 2017 Vorschläge für ein neues Dublin-System und die Verteilung aufgenommener Menschen vorgelegt (mit zweidrittel Mehrheit). Die Botschaften der europäischen Länder sollen humanitäre Visa erteilen können, so dass sichere Fluchtwege möglich sind. Anstatt FRONTEX-Verbände an die Grenzen zu entsenden, müssen die Kapazitäten bereitgestellt werden, damit diesen Menschen ein faires Asylverfahren garantiert werden kann. Die EU hat sich lange genug aus der Affäre gezogen und gemeinsame Sache mit einem offenkundigen Despoten gemacht. Es ist Zeit, sich mit den Vorschlägen des Europaparlaments zu beschäftigen. „Aus den Augen aus dem Sinn“ ist keine Option, wenn es um lebendige Menschen und grundlegende Menschenrechte geht.